Vorwort des Distriktoberen

Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter!

Der Aschermittwoch ist das Tor zur Fastenzeit. Diese 40 Tage der Vorbereitung auf das Osterfest sind apostolischen Ursprungs, ja sie folgen dem Vorbild des Herrn, der sich ebenso viele Tage in die Wüste zurückgezogen hat. 

Das erste Wort Christi, das uns im Markusevangelium (1,15) direkt nach dem Bericht über den Wüstenaufenthalt überliefert wird, ist das geheimnisvolle „Quoniam impletum est tempus, et appropinquavit regnum Dei; pœnitemini, et credite Evangelio. – Erfüllt ist die Zeit, und das Reich Gottes hat sich genaht; tuet Buße und glaubet dem Evangelium!“ Wir Katholiken sind aufgerufen zu täglicher Umkehr. Die herrlichen Messtexte der Fastenzeit erinnern uns daran, dem Fasten ernsthaft nachzukommen, das Gebet mit Eifer zu pflegen und die Nächstenliebe ehrlich zu üben.

Gerade der letzte Punkt soll hier betont werden, denn er hat in den Verwerfungen, die wir augenblicklich in Kirche, Staat und Gesellschaft erleben, stark gelitten. Das hat auch Auswirkungen in unseren Priorats- und Kapellengemeinden. Doch wir sind keine Jünger Christi, wenn wir nicht das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe befolgen!

Der hl. Hieronymus berichtet in seinem Galater-Kommentar etwas über die letzten Lebensjahre des Apostels und Evangelisten Johannes. In Ephesus sei er in seinem hohen Alter von seinen Jüngern in die Kirche getragen worden. Da er aber mit seiner müden Stimme nicht mehr lange habe sprechen könnten, predigte er immer nur einen Satz: „Filioli, diligite alterutrum. – Kindlein, liebet einander!“ Aufgrund ihrer Verehrung für den heiligen Greis hörten die Jünger zunächst ergriffen zu, dann begannen sie sich zu wundern und schließlich zeigten sie sich gelangweilt. Aber als sie Johannes nach dem Grund für seine monotone Wiederholung fragten, erhielten sie eine Antwort, die des Apostels würdig war: „Quia praeceptum Domini est, et si solum fiat, sufficit. – Es ist das Gebot des Herrn: befolgt es, und alles ist vollbracht.“

Pius XII. legt diese Episode aus dem Apostelleben so aus: „Diese gegenseitige Liebe wird sie dazu bringen, nicht nur jede unangemessene Handlung zu meiden (das versteht sich von selbst!), sondern auch jedes unfreundliche Wort und sogar jeden absichtlichen bösartigen Gedanken. Priester sind häufig das Ziel mehr oder weniger feindseliger Angriffe, die manchmal bis zur Verleumdung, der böswilligen Auslegung ihrer Worte und der Entstellung ihrer Gesten gehen. Manchmal tragen die Gläubigen selbst, auch wenn sie nicht böswillig sind, dazu bei, dass das Leben des Priesters bitter wird, der auch wie Jesus im Garten von Traurigkeit, Überdruss und Ängstlichkeit geplagt wird. Man sieht, wie notwendig vor allem die Liebe unter euch ist: wie unentbehrlich ist das gegenseitige Verständnis und die tiefe Wertschätzung, die euch nicht nur davor bewahrt, die Reden und Taten eurer Brüder falsch zu deuten, sondern euch auch geneigt macht, sie mit brüderlichem Wohlwollen auszulegen und sie gegen alle Arten von Angriffen zu verteidigen.“ (Ansprache an die Fastenprediger 1956)

Bemühen wir uns in der Fastenzeit um eine wahre Geisteserneuerung; nutzen wir die Mittel der Aszese und des Gebetes, die Hilfsmittel sind, die Liebe besser zu üben. 

Besondere Trauer erfüllt uns, wenn wir auf den „Synodalen Irrweg“ schauen, der Anfang Februar die vollständige Verwirrung der Geister zeigte. Dazu etwas mehr auf den nächsten Seiten des MB.

Was mich in dieser Krise vor allem beschäftigt, ist nicht das Niederreißen, sondern der künftige Aufbau. Auch bei dem erfreulichen Wachstum der Bruderschaft, das wir in einigen Ländern erleben, fehlt es doch insgesamt an Berufungen. Wir brauchen mehr großherzige Seelen, die ein definitives „Ja“ sagen zur Einladung Christi, im Ordensstand ihm nachzufolgen. Als Distriktoberer möchte ich mit Ihnen, liebe Leser, diese meine Sorge teilen. Zwei Beispiele mögen sie veranschaulichen: 

Vor kurzem durfte ich an der Gelübdefeier bei der traditionstreuen Kongregation der „Trösterinnen des Herzens Jesu“ teilnehmen, die segensreich in Italien und Indien wirken. Die Oberin hatte den Herrn angefleht, zwölf Berufungen zu senden. Tatsächlich hatten sie im vorigen Jahr am Eintrittstag elf Berufungen. … Ein paar Wochen später kam noch die zwölfte. Ein Wunder der Gnade. Die Oberin hat mir versprochen: „Wenn wir sechs Berufungen aus einem Land bekommen haben, sind wir offen für eine Gründung dort.“ 

Für ein künftiges Priorat in Memmingen, einer schnell wachsenden Gemeinde mit eigener Grundschule, habe ich bei der Generaloberin der Schwestern der Bruderschaft St. Pius X. um eine Entsendung von Schwestern gebeten. Die Antwort: Es fehlen Berufungen. Die jungen Schwestern müssen diejenigen ersetzen, die wegen Krankheit und Alter nicht mehr können. 

Auf der anderen Seite sehe ich immer wieder, wie gute und tugendhafte junge Leute auf einen deutlichen Ruf von außen – wie im AT bei Samuel– warten, wenn sie sich Gedanken über die Standeswahl machen. Sie sind sich zu wenig bewusst, dass ein wesentlicher Punkt bei der Standeswahl und damit in der Geschichte ­einer Berufung die persönliche Entscheidung zur Nachfolge Christi ist. Ja, es gibt glaubenstreue junge Menschen, die grundsätzlich offen waren und um die richtige Erkenntnis gebetet haben. Als sie dann die erste Verliebtheit erlebten, war das für sie das „Zeichen des Himmels“. Ein „Ruf“ von außen, aber nicht zum Ordensstand, sondern zur Ehe … 

Mehrere Mitbrüder und auch ich selbst wären wohl nicht Priester geworden, wenn wir nach diesem System die Standeswahl getroffen hätten!

Angesichts der Apostasie in Deutschland, angesichts der Angriffe auf die Tradition richte ich meinen Aufruf an die Großherzigkeit der jungen Seelen und meine innige Bitte an alle Gläubigen: Öffnen Sie Ihre Herzen! Beten Sie täglich um Berufungen! 

Mögen wir in dieser Fastenzeit „würdige Früchte der Buße“ (Mt 3,8) hervorbringen. Der hl. Joseph, der Patron der Kirche, den wir im März besonders verehren, wird uns helfen, den Willen Gottes recht zu erkennen.


Mit priesterlichen Segensgrüßen

Vorwort des Distriktoberen

Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter!

Der Aschermittwoch ist das Tor zur Fastenzeit. Diese 40 Tage der Vorbereitung auf das Osterfest sind apostolischen Ursprungs, ja sie folgen dem Vorbild des Herrn, der sich ebenso viele Tage in die Wüste zurückgezogen hat. 

Das erste Wort Christi, das uns im Markusevangelium (1,15) direkt nach dem Bericht über den Wüstenaufenthalt überliefert wird, ist das geheimnisvolle „Quoniam impletum est tempus, et appropinquavit regnum Dei; pœnitemini, et credite Evangelio. – Erfüllt ist die Zeit, und das Reich Gottes hat sich genaht; tuet Buße und glaubet dem Evangelium!“ Wir Katholiken sind aufgerufen zu täglicher Umkehr. Die herrlichen Messtexte der Fastenzeit erinnern uns daran, dem Fasten ernsthaft nachzukommen, das Gebet mit Eifer zu pflegen und die Nächstenliebe ehrlich zu üben.

Gerade der letzte Punkt soll hier betont werden, denn er hat in den Verwerfungen, die wir augenblicklich in Kirche, Staat und Gesellschaft erleben, stark gelitten. Das hat auch Auswirkungen in unseren Priorats- und Kapellengemeinden. Doch wir sind keine Jünger Christi, wenn wir nicht das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe befolgen!

Der hl. Hieronymus berichtet in seinem Galater-Kommentar etwas über die letzten Lebensjahre des Apostels und Evangelisten Johannes. In Ephesus sei er in seinem hohen Alter von seinen Jüngern in die Kirche getragen worden. Da er aber mit seiner müden Stimme nicht mehr lange habe sprechen könnten, predigte er immer nur einen Satz: „Filioli, diligite alterutrum. – Kindlein, liebet einander!“ Aufgrund ihrer Verehrung für den heiligen Greis hörten die Jünger zunächst ergriffen zu, dann begannen sie sich zu wundern und schließlich zeigten sie sich gelangweilt. Aber als sie Johannes nach dem Grund für seine monotone Wiederholung fragten, erhielten sie eine Antwort, die des Apostels würdig war: „Quia praeceptum Domini est, et si solum fiat, sufficit. – Es ist das Gebot des Herrn: befolgt es, und alles ist vollbracht.“

Pius XII. legt diese Episode aus dem Apostelleben so aus: „Diese gegenseitige Liebe wird sie dazu bringen, nicht nur jede unangemessene Handlung zu meiden (das versteht sich von selbst!), sondern auch jedes unfreundliche Wort und sogar jeden absichtlichen bösartigen Gedanken. Priester sind häufig das Ziel mehr oder weniger feindseliger Angriffe, die manchmal bis zur Verleumdung, der böswilligen Auslegung ihrer Worte und der Entstellung ihrer Gesten gehen. Manchmal tragen die Gläubigen selbst, auch wenn sie nicht böswillig sind, dazu bei, dass das Leben des Priesters bitter wird, der auch wie Jesus im Garten von Traurigkeit, Überdruss und Ängstlichkeit geplagt wird. Man sieht, wie notwendig vor allem die Liebe unter euch ist: wie unentbehrlich ist das gegenseitige Verständnis und die tiefe Wertschätzung, die euch nicht nur davor bewahrt, die Reden und Taten eurer Brüder falsch zu deuten, sondern euch auch geneigt macht, sie mit brüderlichem Wohlwollen auszulegen und sie gegen alle Arten von Angriffen zu verteidigen.“ (Ansprache an die Fastenprediger 1956)

Bemühen wir uns in der Fastenzeit um eine wahre Geisteserneuerung; nutzen wir die Mittel der Aszese und des Gebetes, die Hilfsmittel sind, die Liebe besser zu üben. 

Besondere Trauer erfüllt uns, wenn wir auf den „Synodalen Irrweg“ schauen, der Anfang Februar die vollständige Verwirrung der Geister zeigte. Dazu etwas mehr auf den nächsten Seiten des MB.

Was mich in dieser Krise vor allem beschäftigt, ist nicht das Niederreißen, sondern der künftige Aufbau. Auch bei dem erfreulichen Wachstum der Bruderschaft, das wir in einigen Ländern erleben, fehlt es doch insgesamt an Berufungen. Wir brauchen mehr großherzige Seelen, die ein definitives „Ja“ sagen zur Einladung Christi, im Ordensstand ihm nachzufolgen. Als Distriktoberer möchte ich mit Ihnen, liebe Leser, diese meine Sorge teilen. Zwei Beispiele mögen sie veranschaulichen: 

Vor kurzem durfte ich an der Gelübdefeier bei der traditionstreuen Kongregation der „Trösterinnen des Herzens Jesu“ teilnehmen, die segensreich in Italien und Indien wirken. Die Oberin hatte den Herrn angefleht, zwölf Berufungen zu senden. Tatsächlich hatten sie im vorigen Jahr am Eintrittstag elf Berufungen. … Ein paar Wochen später kam noch die zwölfte. Ein Wunder der Gnade. Die Oberin hat mir versprochen: „Wenn wir sechs Berufungen aus einem Land bekommen haben, sind wir offen für eine Gründung dort.“ 

Für ein künftiges Priorat in Memmingen, einer schnell wachsenden Gemeinde mit eigener Grundschule, habe ich bei der Generaloberin der Schwestern der Bruderschaft St. Pius X. um eine Entsendung von Schwestern gebeten. Die Antwort: Es fehlen Berufungen. Die jungen Schwestern müssen diejenigen ersetzen, die wegen Krankheit und Alter nicht mehr können. 

Auf der anderen Seite sehe ich immer wieder, wie gute und tugendhafte junge Leute auf einen deutlichen Ruf von außen – wie im AT bei Samuel– warten, wenn sie sich Gedanken über die Standeswahl machen. Sie sind sich zu wenig bewusst, dass ein wesentlicher Punkt bei der Standeswahl und damit in der Geschichte ­einer Berufung die persönliche Entscheidung zur Nachfolge Christi ist. Ja, es gibt glaubenstreue junge Menschen, die grundsätzlich offen waren und um die richtige Erkenntnis gebetet haben. Als sie dann die erste Verliebtheit erlebten, war das für sie das „Zeichen des Himmels“. Ein „Ruf“ von außen, aber nicht zum Ordensstand, sondern zur Ehe … 

Mehrere Mitbrüder und auch ich selbst wären wohl nicht Priester geworden, wenn wir nach diesem System die Standeswahl getroffen hätten!

Angesichts der Apostasie in Deutschland, angesichts der Angriffe auf die Tradition richte ich meinen Aufruf an die Großherzigkeit der jungen Seelen und meine innige Bitte an alle Gläubigen: Öffnen Sie Ihre Herzen! Beten Sie täglich um Berufungen! 

Mögen wir in dieser Fastenzeit „würdige Früchte der Buße“ (Mt 3,8) hervorbringen. Der hl. Joseph, der Patron der Kirche, den wir im März besonders verehren, wird uns helfen, den Willen Gottes recht zu erkennen.


Mit priesterlichen Segensgrüßen