Vorwort des Distriktoberen
Zum 200. Geburtstag von Fürstbischof Johannes Zwerger
„Kann ich Licht und Leben ausströmen in meiner Diözese?“

Hochwürdige Mitbrüder, ehrwürdige Brüder und Schwestern im Ordensstand, liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter!

Am kommenden 23. Juni 2024 begehen wir den 200. Geburtstag von Fürstbischof Dr. Johannes Baptist Zwerger, der von 1867 bis zu seinem Tod am 14. August 1893 in schwerer Zeit die große Diözese Seckau regierte. Im Jahr 1991 durfte ich als zehnjähriges Kind erstmals sein Grab in der Krypta der Grazer Herz-Jesu-Kirche besuchen, seither ließ mich diese Bischofsgestalt der Steiermark nicht mehr los. Im Jahr 2001 erhielt ich von einem guten Priester in Graz einige Schriften des Bischofs, wie etwa seine großen Traktate über die Tugenden des Glaubens und der Keuschheit, die ihm ein so großes Anliegen waren, da er genau erkannte, dass gerade in diesen Bereichen in der Zukunft große Herausforderungen für die gesamte Christenheit kommen werden.

Es ist mir ein großes Anliegen, Bischof Johannes Zwerger auch in unseren Tagen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Das für die österreichische Kirche sehr schlimme 19. Jahrhundert mit dem Spätjosephinismus, den Folgen der Revolution, dem starken Einfluss des Liberalismus etc. brachte in schwerer Zeit eine Reihe von herausragenden Bischofsgestalten, zum Teil wirklich heiligmäßigen Persönlichkeiten,  hervor: denken wir einerseits an die Schüler des hl. Klemens Maria Hofbauer, die Bischöfe Ziegler und Zängerle sowie Kardinal Rauscher, andererseits vor allem den großen Bischof Franz Joseph Rudigier von Linz und Fürstbischof Johannes Zwerger. Ein früher Biograph des Seckauer Fürstbischofs, der Grazer Kanonikus Franz von Oer, schildert uns in seinem Werk sehr detailliert das Leben dieser herausragenden Gestalt, auch autobiographische Notizen werden sehr schön zitiert.

Die Jugend eines großen Bischofs
„Ich wurde geboren in Altrei (Südtirol) am 23. Juni 1824 und am 24. Juni erhielt ich die heilige Taufe und den Namen des glorreichen Vorläufers Jesu Christi. … Meine Eltern waren arme, aber sehr fromme, brave Christen, denen der Herr neun Kinder gegeben hat.“ Zum Osterfest 1840 sah Johannes Zwerger klar seine Priesterberufung und sprach darüber mit dem Priester Michael Ploner, der ihn in der Folge für das Gymnasium der Franziskaner in Bozen vorbereitete. Mit Auszeichnung schloss er die Schule ab und studierte von 1846 bis 1852 in Innsbruck, Brixen und Trient Philosophie und Theologie. Der im Ruf der Heiligkeit stehende Trienter Fürstbischof Johannes Nepomuk von Tschiderer weihte Johannes Zwerger am 14. Dezember 1851 zum Priester.

Tiefgehende Botschaft schon zur Primiz
Am 4. Adventsonntag zelebrierte er in der Pfarrkirche Altrei seine Heimatprimiz. An diesem Tag verkündigte er in einer Anrede vor dem Primizsegen folgende Worte: „Das heiligste Opfer ist vollbracht! Auf mein Wort erschien der Herr des Himmels und der Erde! Ich habe Ihn in die Hände genommen, ich habe Ihn in die Höhe gehoben! Ja, ich bin das lebendige Kreuz geworden, auf dem Jesus Christus sich für unser Heil, wie einst auf Kalvaria, dargebracht hat! – Aber leider! Wie einst jenes hölzerne Kreuz, habe auch ich Jesus Christus durch meine früheren Sünden niedergedrückt. Und doch: Er hat mich wieder aufgenommen, wie jenes Kreuz, und hat mich hinaufgetragen auf den hohen Berg der priesterlichen Würde, und hier hat Er sich vor euren Augen durch mich, wie einst am Kreuze, Seinem himmlischen Vater dargebracht zum Heile der Menschen! ...Diese unaussprechliche Gnade verdanke ich nächst der göttlichen Huld und dem besonderen Schutze Mariens, jener großen Schar von Wohltätern, welche entweder durch Gebet oder durch Gaben oder durch beides zugleich mich unterstützt haben … Aber mit diesem Danke muss ich auch noch eine Bitte verbinden, dass nämlich ihr nicht aufhört, für mich zu beten, weil ich jetzt erst recht des Gebetes bedarf … Denn ein guter Priester ist der beste Segen und ein schlechter Priester die größte Strafe Gottes für eine Gemeinde.“

Der Neupriester Johannes Zwerger sehnte sich nach der Seelsorge, seine Oberen forderten von ihm aber zuerst, weiter zu studieren und ein Doktorat in Theologie zu erwerben. Für kurze Zeit durfte er als Kooperator in Kaltern wirken, bevor er zu weiteren Studien nach Wien geschickt wurde, wo er die besten Leistungen erbrachte. In Wien konnte er sich ein wenig seelsorglich betätigen in der Gefängnisseelsorge. Von 1854 bis 1857 wirkte Zwerger als Professor für Pastoraltheologie in Trient. In seinen geistlichen Notizen ist verzeichnet: „Herr, strafe meine Diözese nicht durch mich! Mache mich entweder nützlich oder unschädlich, wenn auch durch den Tod!“ Im Jahr 1857 ernannte Kaiser Franz Joseph den jungen Professor zum Spiritualdirektor im Wiener Priesterbildungsinstitut St. Augustin und zum kaiserlichen Hofkaplan. 435 lateinische Vorträge und Betrachtungen hielt Zwerger als Spiritual bis zum Jahr 1862. Bald schon wurde er zum Dompropst von Trient ernannt und musste Wien wieder verlassen.

Als Bischof in die Steiermark
Am 8. Juli 1867 kam der Salzburger Fürsterzbischof Maximilian Joseph Tarnoczy auf der Rückreise von Rom nach Trient und verkündete Zwerger, dass er ihn zum Fürstbischof von Seckau bestimmt habe (bis ins 20. Jahrhundert ein Recht des Salzburger Erzbischofs!) und Papst Pius IX. dazu schon den heiligen Segen erteilt habe. Zwerger befragte dazu seinen Seelenführer P. Rigler in Lana, der nur einfach antwortete: „Niemals war der Wille Gottes so evident wie diesmal!“ Beide pilgerten zum hochgelegenen Wallfahrtsort Weißenstein und empfahlen die Berufung zum Bischof der Gottesmutter. Am 19. August 1867 begrüßte das Seckauer Domkapitel den neuen Oberhirten. Am 13. Oktober 1867 folgte im Salzburger Dom die Bischofsweihe durch den Salzburger Erzbischof, assistiert von den Bischöfen von Trient und Gurk. Sein bischöflicher Wahlspruch ist dem 17. Psalm entnommen: „Dominus firmamentum meum. – Der Herr ist meine Feste“. 

Von seinen Weiheexerzitien sind uns schöne Aufzeichnungen überliefert, diese will ich dem Leser nicht vorenthalten. Mögen künftige Bischöfe wieder genau diese Gesinnung haben: „Ich bin Bischof, das hat kein Mensch, sondern Gott gemacht. Also hat Er mir auch alle Gnaden, Hilfen, Erleuchtungen und Kräfte bereitet, mir in ununterbrochener Folge entgegenkommend, welche ich brauche, um mich und diese große wichtige Diözese zu heiligen. Diese Gnaden kann ich aber nur dann finden, wenn ich ihnen auf demselben Wege entgegengehe, auf dem sie mir Gott entgegenbringt, sonst treffen wir niemals zusammen. Ich muss ex omnibus viribus (= mit allen Kräften) tun, was Gott will, mich heiligen und Ihm dienen, d. h. andere heiligen! Ich muss werden einer von den Zehn, um die Gott Sodoma begnadigt hätte, jener von Gott Gesuchte, der das schuldige Volk vor dem zornigen Gott rettet, nicht aber einer, der ebenfalls Gottes Zorn herabzieht. Keine Seele, die nach Gottes Fügung durch mich mittelbar oder unmittelbar gerettet werden sollte, darf mir verloren gehen und mich verklagen, alle müssen gerettet werden und zum Dank mir andere retten helfen: durch Gebet, durch ihren Schutzengel etc.  … Das bischöfliche Gewand und Kreuz tragen, das könnte ja auch ein Gaukelspieler. Mein Gott, mache, dass diese sieben Tage der Exerzitien für meine Diözese das werden, was die sieben fruchtbaren Sammeljahre des Joseph für Ägyptens Völker waren: Tage der fortdauernden Bewahrung vor dem Untergang! Wird mich der Herr beim Gerichte nach der Menschen Lob richten? Wird das die mir anvertrauten Seelen retten?... Kann ich durch Lauigkeit andere entflammen? Kann ich Licht und Leben ausströmen in meiner Diözese, wenn ich bin wie der Mond, halb dunkel und kalt? Werden da die übrigen nicht auf meine Rechnung lau und kalt zu sein fortfahren und die Ihrigen verkommen lassen? Keine bessere Buße für die vergangene Lauigkeit, als der treue Eifer in Zukunft und die mutige Ertragung der anfänglich kommenden Schwierigkeiten bei dieser Beharrlichkeit… Ich bin Bischof, Führer von fast achthunderttausend Seelen zur ewigen Bestimmung, wo sie ewig selig oder ewig unselig sein werden in unendlichem Maße! Ich bin es in einer gefährlichen Zeit, wo alle allgemeinen und gewöhnlichen Gefahren da sind und sehr viele und große, neue und außergewöhnliche Gefahren dazukommen. Wenn ich nicht heilig und im beständigen, innigen Verkehr mit Gott, Christus, Maria, den Engeln und Heiligen lebe und wirke, so werde ich die Diözese in jeder Beziehung in einem schlechteren Zustande hinterlassen, als ich sie gefunden habe – und zwar durch meine Schuld! Dann bin ich ein Joseph, der es unterlassen hat, Getreide zur rechten Zeit zu sammeln und der es unterlässt, das doch Vorhandene emsig auszuteilen - ein ganzes Land voll Hungernde ohne Nahrung!“

Bischof Zwerger und die Heiligsten Herzen Jesu und Mariä
Fürstbischof Johannes Zwerger brachte die Diözese zu einer neuen Blüte, seine tiefe Innerlichkeit, genährt allem voran durch die gute Zelebration des Heiligen Messopfers, durch die Eucharistische Frömmigkeit, durch die Andacht zu den Heiligsten Herzen Jesu und Mariä (1869 schon weihte er die Diözese für alle Zukunft diesen Heiligsten Herzen) waren die Quelle seines fruchtbaren Wirkens für die Kirche. „Ich muss zumal recht großen Hunger haben nach den wesentlichen, wahren Schätzen dieses Heiligsten Herzens, im Heiligen Messopfer und Heiligen Altarsakrament“, so schrieb er bei seiner Bischofsweihe. Täglich zelebrierte er um 6 Uhr früh die Hl. Messe und wohnte zusätzlich der Messe seines Kaplans zur Danksagung bei, mehrmals täglich machte er den Besuch beim Allerheiligsten, hielt neben dem Breviergebet und dem Rosenkranz gerne die Betrachtung und dann sehr ausführlich nach dem Abendessen um 20 Uhr bis 22 Uhr geistliche Lesung. Er ging gewissenhaft zur Beichte, kämpfte um die Tugenden, war streng in innerer und äußerer Abtötung. „Ich muss noch viel beharrlicher die Mittel zur Selbstheiligung anwenden, um für meine Seele die Heiligung und zur Heiligung der anderen den göttlichen Segen und das Wachstum zu erlangen“, so einer seiner Vorsätze. Äußeres Denkmal dieser Gesinnung ist die von ihm gebaute und konsekrierte Herz-Jesu-Kirche in Graz, eine der größten Kirchen unseres Landes, die auch seine Grabstätte wurde. 

Es gäbe sehr viel über sein Wirken für die Diözese Seckau wie auch für die Weltkirche zu berichten, er war Konzilsvater beim 1. Vatikanum, oftmaliger Rompilger, Kämpfer gegen die liberalen, religionsfeindlichen Gesetze, gegen den Kulturkampf in Österreich. Er war besonders besorgt um die katholischen Schulen und die Klöster, das Knabenseminar und das Priesterseminar, vor allem führte er sehr gründliche Visitationen der Pfarreien durch, fünfzehn Kirchen und über hundert Altäre konnte er konsekrieren. Nie lehnte er eine bischöfliche Funktion aus Rücksicht auf die Beschwerlichkeit oder seine Ermüdung ab, oft war er die ganze Nacht auf Reisen, um in aller Frühe in Graz einzutreffen und im Dom um 10 Uhr völlig nüchtern ein Pontifikalamt zu halten. „Für alle werde ich im Jenseits dankbar Fürbitte leisten, wenn ich bei Gott Gnade finde“, so lesen wir in Bischof Zwergers Testament von 1887. Er starb nach einem langen Hirtendienst in der Nacht zum 15. August 1893 im Ruf der Heiligkeit.

Mögen alle Priester unserer Tage und selbstverständlich auch jeder katholische Bischof in unserem Land, im tugend- und tatenreichen Bischof Johannes Zwerger ein echtes Vorbild finden, sich mit seiner herausragenden Person befassen und ihn gerade in unseren Tagen als Fürsprecher für die Kirche in unserem Land anrufen. Es gibt auch in der Diözese Graz-Seckau, Gott sei Dank, einige Bestrebungen, diesem großartigen Bischof wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken, was sich sicher sehr lohnt.  Die Gläubigen sollen diesen Bischof wirklich kennen, er ist einer der wirklich Großen unseres Landes. Wir dürfen gerne auch beten, dass er eines Tages zur Ehre der Altäre erhoben wird. 

Einen gnadenreichen Herz Jesu Monat Juni! Beten wir für die künftigen Priester, besonders für die Weihekandidaten aus unserem Distrikt, die am 29. Juni die Priesterweihe empfangen. 

Mit meinem priesterlichen Segen!


Jaidhof, am 1. Juni 2024

Vorwort des Distriktoberen
Zum 200. Geburtstag von Fürstbischof Johannes Zwerger
„Kann ich Licht und Leben ausströmen in meiner Diözese?“

Hochwürdige Mitbrüder, ehrwürdige Brüder und Schwestern im Ordensstand, liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter!

Am kommenden 23. Juni 2024 begehen wir den 200. Geburtstag von Fürstbischof Dr. Johannes Baptist Zwerger, der von 1867 bis zu seinem Tod am 14. August 1893 in schwerer Zeit die große Diözese Seckau regierte. Im Jahr 1991 durfte ich als zehnjähriges Kind erstmals sein Grab in der Krypta der Grazer Herz-Jesu-Kirche besuchen, seither ließ mich diese Bischofsgestalt der Steiermark nicht mehr los. Im Jahr 2001 erhielt ich von einem guten Priester in Graz einige Schriften des Bischofs, wie etwa seine großen Traktate über die Tugenden des Glaubens und der Keuschheit, die ihm ein so großes Anliegen waren, da er genau erkannte, dass gerade in diesen Bereichen in der Zukunft große Herausforderungen für die gesamte Christenheit kommen werden.

Es ist mir ein großes Anliegen, Bischof Johannes Zwerger auch in unseren Tagen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Das für die österreichische Kirche sehr schlimme 19. Jahrhundert mit dem Spätjosephinismus, den Folgen der Revolution, dem starken Einfluss des Liberalismus etc. brachte in schwerer Zeit eine Reihe von herausragenden Bischofsgestalten, zum Teil wirklich heiligmäßigen Persönlichkeiten,  hervor: denken wir einerseits an die Schüler des hl. Klemens Maria Hofbauer, die Bischöfe Ziegler und Zängerle sowie Kardinal Rauscher, andererseits vor allem den großen Bischof Franz Joseph Rudigier von Linz und Fürstbischof Johannes Zwerger. Ein früher Biograph des Seckauer Fürstbischofs, der Grazer Kanonikus Franz von Oer, schildert uns in seinem Werk sehr detailliert das Leben dieser herausragenden Gestalt, auch autobiographische Notizen werden sehr schön zitiert.

Die Jugend eines großen Bischofs
„Ich wurde geboren in Altrei (Südtirol) am 23. Juni 1824 und am 24. Juni erhielt ich die heilige Taufe und den Namen des glorreichen Vorläufers Jesu Christi. … Meine Eltern waren arme, aber sehr fromme, brave Christen, denen der Herr neun Kinder gegeben hat.“ Zum Osterfest 1840 sah Johannes Zwerger klar seine Priesterberufung und sprach darüber mit dem Priester Michael Ploner, der ihn in der Folge für das Gymnasium der Franziskaner in Bozen vorbereitete. Mit Auszeichnung schloss er die Schule ab und studierte von 1846 bis 1852 in Innsbruck, Brixen und Trient Philosophie und Theologie. Der im Ruf der Heiligkeit stehende Trienter Fürstbischof Johannes Nepomuk von Tschiderer weihte Johannes Zwerger am 14. Dezember 1851 zum Priester.

Tiefgehende Botschaft schon zur Primiz
Am 4. Adventsonntag zelebrierte er in der Pfarrkirche Altrei seine Heimatprimiz. An diesem Tag verkündigte er in einer Anrede vor dem Primizsegen folgende Worte: „Das heiligste Opfer ist vollbracht! Auf mein Wort erschien der Herr des Himmels und der Erde! Ich habe Ihn in die Hände genommen, ich habe Ihn in die Höhe gehoben! Ja, ich bin das lebendige Kreuz geworden, auf dem Jesus Christus sich für unser Heil, wie einst auf Kalvaria, dargebracht hat! – Aber leider! Wie einst jenes hölzerne Kreuz, habe auch ich Jesus Christus durch meine früheren Sünden niedergedrückt. Und doch: Er hat mich wieder aufgenommen, wie jenes Kreuz, und hat mich hinaufgetragen auf den hohen Berg der priesterlichen Würde, und hier hat Er sich vor euren Augen durch mich, wie einst am Kreuze, Seinem himmlischen Vater dargebracht zum Heile der Menschen! ...Diese unaussprechliche Gnade verdanke ich nächst der göttlichen Huld und dem besonderen Schutze Mariens, jener großen Schar von Wohltätern, welche entweder durch Gebet oder durch Gaben oder durch beides zugleich mich unterstützt haben … Aber mit diesem Danke muss ich auch noch eine Bitte verbinden, dass nämlich ihr nicht aufhört, für mich zu beten, weil ich jetzt erst recht des Gebetes bedarf … Denn ein guter Priester ist der beste Segen und ein schlechter Priester die größte Strafe Gottes für eine Gemeinde.“

Der Neupriester Johannes Zwerger sehnte sich nach der Seelsorge, seine Oberen forderten von ihm aber zuerst, weiter zu studieren und ein Doktorat in Theologie zu erwerben. Für kurze Zeit durfte er als Kooperator in Kaltern wirken, bevor er zu weiteren Studien nach Wien geschickt wurde, wo er die besten Leistungen erbrachte. In Wien konnte er sich ein wenig seelsorglich betätigen in der Gefängnisseelsorge. Von 1854 bis 1857 wirkte Zwerger als Professor für Pastoraltheologie in Trient. In seinen geistlichen Notizen ist verzeichnet: „Herr, strafe meine Diözese nicht durch mich! Mache mich entweder nützlich oder unschädlich, wenn auch durch den Tod!“ Im Jahr 1857 ernannte Kaiser Franz Joseph den jungen Professor zum Spiritualdirektor im Wiener Priesterbildungsinstitut St. Augustin und zum kaiserlichen Hofkaplan. 435 lateinische Vorträge und Betrachtungen hielt Zwerger als Spiritual bis zum Jahr 1862. Bald schon wurde er zum Dompropst von Trient ernannt und musste Wien wieder verlassen.

Als Bischof in die Steiermark
Am 8. Juli 1867 kam der Salzburger Fürsterzbischof Maximilian Joseph Tarnoczy auf der Rückreise von Rom nach Trient und verkündete Zwerger, dass er ihn zum Fürstbischof von Seckau bestimmt habe (bis ins 20. Jahrhundert ein Recht des Salzburger Erzbischofs!) und Papst Pius IX. dazu schon den heiligen Segen erteilt habe. Zwerger befragte dazu seinen Seelenführer P. Rigler in Lana, der nur einfach antwortete: „Niemals war der Wille Gottes so evident wie diesmal!“ Beide pilgerten zum hochgelegenen Wallfahrtsort Weißenstein und empfahlen die Berufung zum Bischof der Gottesmutter. Am 19. August 1867 begrüßte das Seckauer Domkapitel den neuen Oberhirten. Am 13. Oktober 1867 folgte im Salzburger Dom die Bischofsweihe durch den Salzburger Erzbischof, assistiert von den Bischöfen von Trient und Gurk. Sein bischöflicher Wahlspruch ist dem 17. Psalm entnommen: „Dominus firmamentum meum. – Der Herr ist meine Feste“. 

Von seinen Weiheexerzitien sind uns schöne Aufzeichnungen überliefert, diese will ich dem Leser nicht vorenthalten. Mögen künftige Bischöfe wieder genau diese Gesinnung haben: „Ich bin Bischof, das hat kein Mensch, sondern Gott gemacht. Also hat Er mir auch alle Gnaden, Hilfen, Erleuchtungen und Kräfte bereitet, mir in ununterbrochener Folge entgegenkommend, welche ich brauche, um mich und diese große wichtige Diözese zu heiligen. Diese Gnaden kann ich aber nur dann finden, wenn ich ihnen auf demselben Wege entgegengehe, auf dem sie mir Gott entgegenbringt, sonst treffen wir niemals zusammen. Ich muss ex omnibus viribus (= mit allen Kräften) tun, was Gott will, mich heiligen und Ihm dienen, d. h. andere heiligen! Ich muss werden einer von den Zehn, um die Gott Sodoma begnadigt hätte, jener von Gott Gesuchte, der das schuldige Volk vor dem zornigen Gott rettet, nicht aber einer, der ebenfalls Gottes Zorn herabzieht. Keine Seele, die nach Gottes Fügung durch mich mittelbar oder unmittelbar gerettet werden sollte, darf mir verloren gehen und mich verklagen, alle müssen gerettet werden und zum Dank mir andere retten helfen: durch Gebet, durch ihren Schutzengel etc.  … Das bischöfliche Gewand und Kreuz tragen, das könnte ja auch ein Gaukelspieler. Mein Gott, mache, dass diese sieben Tage der Exerzitien für meine Diözese das werden, was die sieben fruchtbaren Sammeljahre des Joseph für Ägyptens Völker waren: Tage der fortdauernden Bewahrung vor dem Untergang! Wird mich der Herr beim Gerichte nach der Menschen Lob richten? Wird das die mir anvertrauten Seelen retten?... Kann ich durch Lauigkeit andere entflammen? Kann ich Licht und Leben ausströmen in meiner Diözese, wenn ich bin wie der Mond, halb dunkel und kalt? Werden da die übrigen nicht auf meine Rechnung lau und kalt zu sein fortfahren und die Ihrigen verkommen lassen? Keine bessere Buße für die vergangene Lauigkeit, als der treue Eifer in Zukunft und die mutige Ertragung der anfänglich kommenden Schwierigkeiten bei dieser Beharrlichkeit… Ich bin Bischof, Führer von fast achthunderttausend Seelen zur ewigen Bestimmung, wo sie ewig selig oder ewig unselig sein werden in unendlichem Maße! Ich bin es in einer gefährlichen Zeit, wo alle allgemeinen und gewöhnlichen Gefahren da sind und sehr viele und große, neue und außergewöhnliche Gefahren dazukommen. Wenn ich nicht heilig und im beständigen, innigen Verkehr mit Gott, Christus, Maria, den Engeln und Heiligen lebe und wirke, so werde ich die Diözese in jeder Beziehung in einem schlechteren Zustande hinterlassen, als ich sie gefunden habe – und zwar durch meine Schuld! Dann bin ich ein Joseph, der es unterlassen hat, Getreide zur rechten Zeit zu sammeln und der es unterlässt, das doch Vorhandene emsig auszuteilen - ein ganzes Land voll Hungernde ohne Nahrung!“

Bischof Zwerger und die Heiligsten Herzen Jesu und Mariä
Fürstbischof Johannes Zwerger brachte die Diözese zu einer neuen Blüte, seine tiefe Innerlichkeit, genährt allem voran durch die gute Zelebration des Heiligen Messopfers, durch die Eucharistische Frömmigkeit, durch die Andacht zu den Heiligsten Herzen Jesu und Mariä (1869 schon weihte er die Diözese für alle Zukunft diesen Heiligsten Herzen) waren die Quelle seines fruchtbaren Wirkens für die Kirche. „Ich muss zumal recht großen Hunger haben nach den wesentlichen, wahren Schätzen dieses Heiligsten Herzens, im Heiligen Messopfer und Heiligen Altarsakrament“, so schrieb er bei seiner Bischofsweihe. Täglich zelebrierte er um 6 Uhr früh die Hl. Messe und wohnte zusätzlich der Messe seines Kaplans zur Danksagung bei, mehrmals täglich machte er den Besuch beim Allerheiligsten, hielt neben dem Breviergebet und dem Rosenkranz gerne die Betrachtung und dann sehr ausführlich nach dem Abendessen um 20 Uhr bis 22 Uhr geistliche Lesung. Er ging gewissenhaft zur Beichte, kämpfte um die Tugenden, war streng in innerer und äußerer Abtötung. „Ich muss noch viel beharrlicher die Mittel zur Selbstheiligung anwenden, um für meine Seele die Heiligung und zur Heiligung der anderen den göttlichen Segen und das Wachstum zu erlangen“, so einer seiner Vorsätze. Äußeres Denkmal dieser Gesinnung ist die von ihm gebaute und konsekrierte Herz-Jesu-Kirche in Graz, eine der größten Kirchen unseres Landes, die auch seine Grabstätte wurde. 

Es gäbe sehr viel über sein Wirken für die Diözese Seckau wie auch für die Weltkirche zu berichten, er war Konzilsvater beim 1. Vatikanum, oftmaliger Rompilger, Kämpfer gegen die liberalen, religionsfeindlichen Gesetze, gegen den Kulturkampf in Österreich. Er war besonders besorgt um die katholischen Schulen und die Klöster, das Knabenseminar und das Priesterseminar, vor allem führte er sehr gründliche Visitationen der Pfarreien durch, fünfzehn Kirchen und über hundert Altäre konnte er konsekrieren. Nie lehnte er eine bischöfliche Funktion aus Rücksicht auf die Beschwerlichkeit oder seine Ermüdung ab, oft war er die ganze Nacht auf Reisen, um in aller Frühe in Graz einzutreffen und im Dom um 10 Uhr völlig nüchtern ein Pontifikalamt zu halten. „Für alle werde ich im Jenseits dankbar Fürbitte leisten, wenn ich bei Gott Gnade finde“, so lesen wir in Bischof Zwergers Testament von 1887. Er starb nach einem langen Hirtendienst in der Nacht zum 15. August 1893 im Ruf der Heiligkeit.

Mögen alle Priester unserer Tage und selbstverständlich auch jeder katholische Bischof in unserem Land, im tugend- und tatenreichen Bischof Johannes Zwerger ein echtes Vorbild finden, sich mit seiner herausragenden Person befassen und ihn gerade in unseren Tagen als Fürsprecher für die Kirche in unserem Land anrufen. Es gibt auch in der Diözese Graz-Seckau, Gott sei Dank, einige Bestrebungen, diesem großartigen Bischof wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken, was sich sicher sehr lohnt.  Die Gläubigen sollen diesen Bischof wirklich kennen, er ist einer der wirklich Großen unseres Landes. Wir dürfen gerne auch beten, dass er eines Tages zur Ehre der Altäre erhoben wird. 

Einen gnadenreichen Herz Jesu Monat Juni! Beten wir für die künftigen Priester, besonders für die Weihekandidaten aus unserem Distrikt, die am 29. Juni die Priesterweihe empfangen. 

Mit meinem priesterlichen Segen!


Jaidhof, am 1. Juni 2024