Vorwort des Distriktoberen

Liebe Gläubige, liebe Freunde und Wohltäter!

„Nehmt mich und werft mich ins Meer! Dann lässt das Meer von euch ab.“ Das Beispiel, das uns die Heilige Schrift von Jonas gibt, veranschaulicht aufs Beste den Heroismus, der sich für das Allgemeinwohl aufopfert. Das ist eine Verhaltensweise, die weder den Heiligen noch den Helden vorbehalten ist. Jonas selbst floh vor dem Ruf Gottes. Es handelt sich dabei um eine unerlässliche Bedingung für die Existenz des sozialen Lebens.

Das Allgemeinwohl steht über dem Wohl des Einzelnen. Damit lässt sich auf eine andere Art das Verhalten des Propheten Jonas zusammenfassen. Diese Betrachtungsweise könnte auf den ersten Blick völlig offensichtlich erscheinen. Aber davon sind wir weit entfernt. Es scheint mir nämlich notwendig in dieser Pandemie, die wir durchmachen, die „Nebeneffekte“ dieser Krise genauer zu betrachten. Diese „Nebeneffekte“ sind in Wirklichkeit gar nicht so nebensächlich, weil sie die fundamentalen Seiten des sozialen Lebens zunichte machten, nämlich das notwendige Vertrauen gegenüber unserem Nächsten und besonders gegenüber der Autorität.

Als menschliches Wesen liegt das Gemeinschaftsleben in unserer Natur. Für das Gemeinschaftsleben ist es von grundlegender Wichtigkeit, dass wir uns am Gemeinwohl orientieren. Dieser Hinweis ist umso wichtiger, als man sich oft die Frage stellt, wie man heute ein Leben in der Gesellschaft verwirklichen kann. Die Gesellschaftskrise führte dazu, dass wir weder in die Autoritäten noch in die Personen unserer Umgebung Vertrauen haben. Unsere Gesellschaften sind ihres Namens nicht mehr wert; vielmehr sind sie zu einem Aggregat von Individuen geworden, die ihr eigenes Wohl und ihren eigenen Nutzen suchen. Das ist der Triumph des Individualismus. 

Eine Familie entfaltet sich jedoch nur, wenn sie geeint ist, wenn jeder bereit ist, sich für das Wohl aller zu opfern. Ein blühendes Pfarreileben funktioniert nur, wenn jeder von dem Seinen gibt, ohne sich vor den Opfern zu scheuen, die damit verbunden sind, und wo jeder mehr daran denkt, zu geben als zu nehmen. 

Eine funktionierende Gesellschaft bedarf ebenfalls eines anderen Aspektes, der eng mit der Idee des Gemeinwohls verbunden ist: das Vertrauen in unseren Nächsten. Wenn es auch immer vertrauensunwürdige Personen gibt, so stützt sich die Gesellschaft trotzdem auf das gegenseitige Vertrauen. Eine Gesellschaft, in der jeder dem anderen oder den Autoritäten misstraut, geht zugrunde. Das ist die Situation, die sich aus der gegenwärtigen Pandemiekrise herauszukristallisieren droht. Die neuen Medien erzeugen und schüren ein allgemeines Misstrauen, das zur Quelle der Verwirrung wird. Wie soll man leben, wenn man plötzlich denkt, dass der Arzt eine Gefahr für uns ist? Darf man in dieser Pandemie­krise sein Vertrauen noch in einen Priester setzen, der uns trotz allem die Gnade vermittelt und uns zum Guten bewegt?

Der heilige Thomas von Aquin erteilte seinen Novizen eine lehrreiche Lektion, als diese ihm zum Scherz erzählten, dass sie einen fliegenden Ochsen sähen. Trotz dem Gelächter seiner Mitbrüder eilte er ans Fenster und erklärte: „Ich glaube lieber an einen fliegenden Ochsen als dass ein Mönch lügt.“ Über diese Anekdote hinaus und den wohlgemeinten Scherz, der uns zum Schmunzeln bringt, gibt uns der heilige Thomas eine herrliche Lektion über das Vertrauen in unseren Nächsten. 

Dieses Vertrauen muss begründet sein. Wir leben in einer Gesellschaft, wo man sich leicht ein gewisses Wissen oder besser gesagt, eine Überfülle an Informatio­nen aneignen kann. Leicht gewinnt man den Eindruck, alles zu wissen. Haben wir schon einmal darüber nachgedacht, wie wir das Internet und die sozialen Netzwerke nutzen? Wie viele Personen schenken heutzutage ihr völliges Vertrauen einem berühmten Unbekannten, der vor laufender Kamera sein Bestes gibt …, während sie die Gutgläubigkeit und Treue derjenigen, die ihnen während des ganzen Jahres hindurch helfen, in Zweifel ziehen? 

Wie leicht verfällt man darauf, Fachbereiche und Kompe­tenzen durcheinanderzubringen. Weil man sich einen Wissenschaftler auf YouTube angehört hat, ist man nicht selbst ein Wissenschaftler; weil man den Bericht eines Arztes gelesen hat, ist man nicht selbst Arzt. „Jeder übe sich in der Kunst, die er erlernt hat!“ Das ist die immer aktuelle Lektion, die uns ein Cicero erteilt. Das Internet gibt uns den Eindruck, alles zu wissen, während uns die Demut eines Sokrates mehr Not tut, der meinte: „Ich weiss, dass ich nichts weiss.“

Der Schuster bleibe bei seinen Leisten. Darum soll man den kompetenten Personen sein Vertrauen schenken. Ein Priester als solcher ist weder Arzt noch Psychologe noch Krisenmanager. Unsere Kompetenz liegt im geistlichen Bereich – das sind die Seelen. Natürlich kommt es vor, dass wir den Leuten in den verschiedensten Bereichen helfen, aber das ist nicht unsere eigentliche Aufgabe. Es ist zwecklos, wenn man von einem Priester erwartet, dass er auf alles eine Antwort weiss; es wäre gefährlich, wenn er sich um die geringsten Kleinigkeiten des Lebens eines Gläubigen kümmern würde! Das gilt auch für die Gläubigen: Jeder besitzt seine ihm eigenen Kompetenzen.

Die gute Ordnung besteht gerade darin, dass jeder an seinem Platz bleibt. Ich glaube, dass die durch die gesundheitliche Lage und Impfungen aufgeworfenen Probleme friedlicher gelöst werden könnten, wenn wir dieses Prinzip anwenden würden. Platon sagte, dass der Niedergang dort beginnt, wo der Schuster und der Bäcker die Arbeit des anderen ausführen. Es gibt nichts Neues unter der Sonne, auch in Zeiten von Corona!  

Im Grunde genommen sollten all diese verschiedenen Probleme von jemanden gelöst werden, der dazu befähigt ist, Ordnung in die Gesellschaft zu bringen – und das ist die Autorität! Die Autorität ist wie der Zement, auf dem sich eine solide Gesellschaft aufbauen lässt. Sie strebt nach dem Gemeinwohl und richtet alle ihre Aktivitäten auf diesen Zweck hin. Gewiss muss sie sich an die eigenen Grenzen halten; und man muss ihr den Gehorsam verweigern, wenn sie sich gegen das Gute wenden oder sich ausserhalb ihres Kompetenzbereiches aufhalten würde. Aber es gibt viele Vorgaben der Vorsicht, wo man ihr gehorchen und sie dementsprechend unterstützen muss. Im Gegenzug wird sie uns in der aktiven Suche nach dem Allgemeinwohl unterstützen.

Wenn wir gerade von der Autorität sprechen, so müssen wir oft feststellen, dass sie nicht immer auf der Höhe ihrer Aufgabe steht. Leicht lassen wir dann unsere Kritik über sie hergehen und stempeln sie als inkompetent ab. Vergessen wir nicht, dass der Träger einer Autorität nicht unbedingt die intelligenteste oder heiligste Person sein muss. Die Heilige Familie gibt uns hierin ein herrliches Beispiel, (auch wenn wir gerne die Heiligkeit und Intelligenz eines heiligen Josefs besässen …).

Das Problem dieser Krisenzeiten steckt sicher auch darin, dass wir Mängel vonseiten der Autoritäten bemerken und uns schliesslich dazu verleiten lassen, jegliche Autorität über den Haufen zu werfen. Wir dürfen unsere eigenen Stützpfeiler nicht zerstören: die Familie, die kleine Welt der Tradition. Wir müssen das Vertrauen zu unseren Mitmenschen wieder zu Ehren kommen lassen. Es ist traurig – und ich muss es leider in aller Offenheit sagen: Welche Persönlichkeit, welcher Priester, welcher Lehrer, ja, sogar welche Eltern dürfen noch etwas sagen, ohne dass der Angesprochene als ersten Reflex zuerst alles einmal in Frage stellt? 

Liebe Gläubige der Schweiz, wir haben wirklich seit Jahren alles daran gesetzt, um unsere Arbeit gut zu verrichten und das Werk, das andere begonnen haben, fortzusetzen. Deshalb wollen wir trotz aller Prüfungen, die wir durchmachen – und vielleicht sogar dank ihrer – unsere Bereitschaft für das Interesse des Allgemeinwohls verstärken. Arbeiten wir daran, mit Klugheit unser Vertrauen den Mitmenschen zu schenken und die Autoritäten, welche sich bemühen, die Gesellschaft zu ihrem Ziel zu führen, zu unterstützen.

Vorwort des Distriktoberen

Liebe Gläubige, liebe Freunde und Wohltäter!

„Nehmt mich und werft mich ins Meer! Dann lässt das Meer von euch ab.“ Das Beispiel, das uns die Heilige Schrift von Jonas gibt, veranschaulicht aufs Beste den Heroismus, der sich für das Allgemeinwohl aufopfert. Das ist eine Verhaltensweise, die weder den Heiligen noch den Helden vorbehalten ist. Jonas selbst floh vor dem Ruf Gottes. Es handelt sich dabei um eine unerlässliche Bedingung für die Existenz des sozialen Lebens.

Das Allgemeinwohl steht über dem Wohl des Einzelnen. Damit lässt sich auf eine andere Art das Verhalten des Propheten Jonas zusammenfassen. Diese Betrachtungsweise könnte auf den ersten Blick völlig offensichtlich erscheinen. Aber davon sind wir weit entfernt. Es scheint mir nämlich notwendig in dieser Pandemie, die wir durchmachen, die „Nebeneffekte“ dieser Krise genauer zu betrachten. Diese „Nebeneffekte“ sind in Wirklichkeit gar nicht so nebensächlich, weil sie die fundamentalen Seiten des sozialen Lebens zunichte machten, nämlich das notwendige Vertrauen gegenüber unserem Nächsten und besonders gegenüber der Autorität.

Als menschliches Wesen liegt das Gemeinschaftsleben in unserer Natur. Für das Gemeinschaftsleben ist es von grundlegender Wichtigkeit, dass wir uns am Gemeinwohl orientieren. Dieser Hinweis ist umso wichtiger, als man sich oft die Frage stellt, wie man heute ein Leben in der Gesellschaft verwirklichen kann. Die Gesellschaftskrise führte dazu, dass wir weder in die Autoritäten noch in die Personen unserer Umgebung Vertrauen haben. Unsere Gesellschaften sind ihres Namens nicht mehr wert; vielmehr sind sie zu einem Aggregat von Individuen geworden, die ihr eigenes Wohl und ihren eigenen Nutzen suchen. Das ist der Triumph des Individualismus. 

Eine Familie entfaltet sich jedoch nur, wenn sie geeint ist, wenn jeder bereit ist, sich für das Wohl aller zu opfern. Ein blühendes Pfarreileben funktioniert nur, wenn jeder von dem Seinen gibt, ohne sich vor den Opfern zu scheuen, die damit verbunden sind, und wo jeder mehr daran denkt, zu geben als zu nehmen. 

Eine funktionierende Gesellschaft bedarf ebenfalls eines anderen Aspektes, der eng mit der Idee des Gemeinwohls verbunden ist: das Vertrauen in unseren Nächsten. Wenn es auch immer vertrauensunwürdige Personen gibt, so stützt sich die Gesellschaft trotzdem auf das gegenseitige Vertrauen. Eine Gesellschaft, in der jeder dem anderen oder den Autoritäten misstraut, geht zugrunde. Das ist die Situation, die sich aus der gegenwärtigen Pandemiekrise herauszukristallisieren droht. Die neuen Medien erzeugen und schüren ein allgemeines Misstrauen, das zur Quelle der Verwirrung wird. Wie soll man leben, wenn man plötzlich denkt, dass der Arzt eine Gefahr für uns ist? Darf man in dieser Pandemie­krise sein Vertrauen noch in einen Priester setzen, der uns trotz allem die Gnade vermittelt und uns zum Guten bewegt?

Der heilige Thomas von Aquin erteilte seinen Novizen eine lehrreiche Lektion, als diese ihm zum Scherz erzählten, dass sie einen fliegenden Ochsen sähen. Trotz dem Gelächter seiner Mitbrüder eilte er ans Fenster und erklärte: „Ich glaube lieber an einen fliegenden Ochsen als dass ein Mönch lügt.“ Über diese Anekdote hinaus und den wohlgemeinten Scherz, der uns zum Schmunzeln bringt, gibt uns der heilige Thomas eine herrliche Lektion über das Vertrauen in unseren Nächsten. 

Dieses Vertrauen muss begründet sein. Wir leben in einer Gesellschaft, wo man sich leicht ein gewisses Wissen oder besser gesagt, eine Überfülle an Informatio­nen aneignen kann. Leicht gewinnt man den Eindruck, alles zu wissen. Haben wir schon einmal darüber nachgedacht, wie wir das Internet und die sozialen Netzwerke nutzen? Wie viele Personen schenken heutzutage ihr völliges Vertrauen einem berühmten Unbekannten, der vor laufender Kamera sein Bestes gibt …, während sie die Gutgläubigkeit und Treue derjenigen, die ihnen während des ganzen Jahres hindurch helfen, in Zweifel ziehen? 

Wie leicht verfällt man darauf, Fachbereiche und Kompe­tenzen durcheinanderzubringen. Weil man sich einen Wissenschaftler auf YouTube angehört hat, ist man nicht selbst ein Wissenschaftler; weil man den Bericht eines Arztes gelesen hat, ist man nicht selbst Arzt. „Jeder übe sich in der Kunst, die er erlernt hat!“ Das ist die immer aktuelle Lektion, die uns ein Cicero erteilt. Das Internet gibt uns den Eindruck, alles zu wissen, während uns die Demut eines Sokrates mehr Not tut, der meinte: „Ich weiss, dass ich nichts weiss.“

Der Schuster bleibe bei seinen Leisten. Darum soll man den kompetenten Personen sein Vertrauen schenken. Ein Priester als solcher ist weder Arzt noch Psychologe noch Krisenmanager. Unsere Kompetenz liegt im geistlichen Bereich – das sind die Seelen. Natürlich kommt es vor, dass wir den Leuten in den verschiedensten Bereichen helfen, aber das ist nicht unsere eigentliche Aufgabe. Es ist zwecklos, wenn man von einem Priester erwartet, dass er auf alles eine Antwort weiss; es wäre gefährlich, wenn er sich um die geringsten Kleinigkeiten des Lebens eines Gläubigen kümmern würde! Das gilt auch für die Gläubigen: Jeder besitzt seine ihm eigenen Kompetenzen.

Die gute Ordnung besteht gerade darin, dass jeder an seinem Platz bleibt. Ich glaube, dass die durch die gesundheitliche Lage und Impfungen aufgeworfenen Probleme friedlicher gelöst werden könnten, wenn wir dieses Prinzip anwenden würden. Platon sagte, dass der Niedergang dort beginnt, wo der Schuster und der Bäcker die Arbeit des anderen ausführen. Es gibt nichts Neues unter der Sonne, auch in Zeiten von Corona!  

Im Grunde genommen sollten all diese verschiedenen Probleme von jemanden gelöst werden, der dazu befähigt ist, Ordnung in die Gesellschaft zu bringen – und das ist die Autorität! Die Autorität ist wie der Zement, auf dem sich eine solide Gesellschaft aufbauen lässt. Sie strebt nach dem Gemeinwohl und richtet alle ihre Aktivitäten auf diesen Zweck hin. Gewiss muss sie sich an die eigenen Grenzen halten; und man muss ihr den Gehorsam verweigern, wenn sie sich gegen das Gute wenden oder sich ausserhalb ihres Kompetenzbereiches aufhalten würde. Aber es gibt viele Vorgaben der Vorsicht, wo man ihr gehorchen und sie dementsprechend unterstützen muss. Im Gegenzug wird sie uns in der aktiven Suche nach dem Allgemeinwohl unterstützen.

Wenn wir gerade von der Autorität sprechen, so müssen wir oft feststellen, dass sie nicht immer auf der Höhe ihrer Aufgabe steht. Leicht lassen wir dann unsere Kritik über sie hergehen und stempeln sie als inkompetent ab. Vergessen wir nicht, dass der Träger einer Autorität nicht unbedingt die intelligenteste oder heiligste Person sein muss. Die Heilige Familie gibt uns hierin ein herrliches Beispiel, (auch wenn wir gerne die Heiligkeit und Intelligenz eines heiligen Josefs besässen …).

Das Problem dieser Krisenzeiten steckt sicher auch darin, dass wir Mängel vonseiten der Autoritäten bemerken und uns schliesslich dazu verleiten lassen, jegliche Autorität über den Haufen zu werfen. Wir dürfen unsere eigenen Stützpfeiler nicht zerstören: die Familie, die kleine Welt der Tradition. Wir müssen das Vertrauen zu unseren Mitmenschen wieder zu Ehren kommen lassen. Es ist traurig – und ich muss es leider in aller Offenheit sagen: Welche Persönlichkeit, welcher Priester, welcher Lehrer, ja, sogar welche Eltern dürfen noch etwas sagen, ohne dass der Angesprochene als ersten Reflex zuerst alles einmal in Frage stellt? 

Liebe Gläubige der Schweiz, wir haben wirklich seit Jahren alles daran gesetzt, um unsere Arbeit gut zu verrichten und das Werk, das andere begonnen haben, fortzusetzen. Deshalb wollen wir trotz aller Prüfungen, die wir durchmachen – und vielleicht sogar dank ihrer – unsere Bereitschaft für das Interesse des Allgemeinwohls verstärken. Arbeiten wir daran, mit Klugheit unser Vertrauen den Mitmenschen zu schenken und die Autoritäten, welche sich bemühen, die Gesellschaft zu ihrem Ziel zu führen, zu unterstützen.