Vorwort des Distriktoberen

Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter!

Jeden Morgen macht vor unseren Fenstern in Stuttgart ein Vogel auf sich aufmerksam, weniger mit seinem Gezwitscher – das hört man auch manchmal – als vielmehr mit einer schier endlosen Folge von aufgeregten Rufen. Wenn er nicht so aufgeregt tun würde, würde man ihn nicht weiter beachten, schließlich ist er mit seinem schiefergrauen Gefieder, aus dem bloß der rostorange Schwanz heraussticht, ein zurückhaltend gefärbter Vogel. Es handelt sich um einen Hausrotschwanz. 

Kürzlich entdeckte ich bei einer Wanderung in den Alpen zu meiner großen Überraschung auf 2600 Metern über dem Meer einen Artgenossen unseres kleinen Stuttgarters. Er zwitscherte fröhlich vor sich hin und flog von einem Felsblock zum nächsten. (Er sparte sich das aufgeregte Getue und wirkte wesentlich ruhiger als sein schwäbischer Genosse.) „Was macht denn der hier oben? “, dachte ich. „Der muss sich verirrt haben.“

Das Nachschlagen in einem Fachbuch belehrte mich eines Besseren: Hausrotschwänze waren ursprünglich ausschließlich im Gebirge beheimatet. Erst seit über 200 Jahren sind sie auch in Siedlungsgebieten des Menschen anzutreffen. Von Natur aus lieben sie felsige Hochmatten und Blockhalden an Gletscherrändern in den Hochgebirgen. Brutnachweise gibt es bis 3200 Metern Höhe! – Da muss man sich doch die Frage stellen, warum diese Vögel mittlerweile häufiger in unseren Städten und Dörfern vorkommen als in der Höhe.

Auf über 2500 Metern Höhe ist zwar kein bequemes Leben möglich. Die Bedingungen sind rau, die Winter lang, die Nahrung nur spärlich. Aber es herrschen Ruhe und Friede. In der Höhe wärmen schon die ersten Sonnenstrahlen, wenn das Tal noch im Dunkel liegt. Und wenn abends die Dämmerung über das Tal hereinbricht, sind die Bergspitzen noch im Licht. Aus der Höhe hat man ein wunderbares Panorama über die Herrlichkeit der Schöpfung Gottes, kann die Berggipfel bewundern und hat gleichzeitig die Übersicht über das Treiben der Menschen weit unten.

Das alles haben die Hausrotschwänze also aufgegeben, um in den Niederungen Wohnsitz zu nehmen! Auf all diese Vorteile haben sie verzichtet. Stattdessen haben sie Lärm, Hektik, Abgase, Gestank und das unruhige Getriebe der Menschen in Kauf genommen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie hier ihr Leben bei milderen Temperaturen und leichterer Nahrungsbeschaffung führen können.

Ich finde das Verhalten dieser Vögel sehr dumm! – „Aber, Herr Pater, das sind ja Tiere ohne Verstand, sie folgen einfach ihrem Instinkt.“

Stimmt! Die Vögel können nicht anders. Das Problem besteht darin, dass die Menschen dasselbe tun!

Die Menschen haschen nach dem Spaß und dem Angenehmen des Augenblicks, ob es sich als Nahrung, Getränk, Inhalt des Internets oder sonst etwas präsentiert, auch wenn sie dafür geistigerweise „in den Niederungen Wohnsitz nehmen“ müssen. Sie nehmen Lärm und Hektik in Kauf, ja sie können nach einer Gewöhnungsphase nicht einmal mehr darauf verzichten! Sie versuchen dauernd, alles Raue und Herbe aus ihrem Leben zu verbannen. Der Begriff Opfergeist scheint ihnen ein Fremdwort aus vergangenen Jahrhunderten zu sein. (Vielleicht müsste man einfach vom „Fitnesstraining für den Willen“ sprechen, notwendig ist dieser Geist mehr denn je!)

Aufgrund der schieren Diesseitigkeit haben die Menschen den Blick nach oben verlernt, den Blick, von dem Psalm 120 spricht: „Ich heben meine Augen empor zu den Bergen, von wo mir Hilfe kommt. Hilfe kommt mir vom Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.“ Sie sehen die Gipfel nicht mehr: die großen Wahrheiten der Kirche und der Philosophie. Sie sehen das Panorama nicht mehr: den Blick zugleich in die Breite und Tiefe, der die verschiedenen Ebenen des Ganzen erblickt. Ihre Seele wird nicht mehr zu Gott erhoben. Bezüglich des Wirkens der Menschen fehlt Ihnen die Vogelperspektive: der Blick fürs Ganze, der Überblick von oben. Stattdessen sehen sie nur das Gewühl und Gewimmel um sie herum, weil sie mitten drin stecken.

Dies alles trifft leider nicht nur auf „die Menschen“, nein, auch wir sind davon angesteckt!

Das Heilmittel ist klar: Zurück in die Höhe, auf die Berge! Zurück zur Verbindung mit Gott! Zurück zum inneren Gebet! Das ist nicht kompliziert, sondern viel leichter als befürchtet. Dieses Zitat von Erzbischof Lefebvre mögen dies zeigen:

„Es ist zum inneren Gebet nicht notwendig, viele Gedanken zu haben, viele Ideen zu haben, viel zu lesen. Im Gegenteil, es ist sehr einfach. Es geht darum, die Liebe zu zeigen, die wir zu dem haben, der uns alles gegeben hat. Dann finden wir Gefallen daran, bei Gott zu sein, bei ihm zu verweilen. Das innere Gebet ist die Liebe. So ist ein Kind glücklich, an der Seite seiner Mutter zu sein. Wenn es bei ihr ist, ist es ruhig. Wenn man ihm seine Mutter wegnimmt, weint es. In ihrer Nähe ist es einfach da, es sagt nichts. Und dennoch ist es durchaus mit seiner Mutter vereint. Der Beweis ist, dass es weint und schreit, wenn man es von ihr trennt. So müssten wir auch beim lieben Gott sein. Wenn man uns von ihm trennt, dürften wir es nicht dulden. Aber beim lieben Gott kann man überall sein.

Ich würde sagen, dass wir lernen müssen, an der Seite unseres Herrn zu leben, selbst wenn wir ihm nichts zu sagen haben, selbst wenn wir nichts haben, was wir ihm gegenüber in Worten ausdrücken könnten. Die bloße Tatsache, dass wir da sind, mit der Absicht, uns ganz Gott hinzugeben, uns ihm zu übergeben, diese bloße Gesinnung unserer Seele genügt. Dies ist das wahre Gebet, das innere Gebet, das Gebet, das uns heiligt.“

Mit priesterlichen Segensgrüßen

Vorwort des Distriktoberen

Liebe Gläubige, Freunde und Wohltäter!

Jeden Morgen macht vor unseren Fenstern in Stuttgart ein Vogel auf sich aufmerksam, weniger mit seinem Gezwitscher – das hört man auch manchmal – als vielmehr mit einer schier endlosen Folge von aufgeregten Rufen. Wenn er nicht so aufgeregt tun würde, würde man ihn nicht weiter beachten, schließlich ist er mit seinem schiefergrauen Gefieder, aus dem bloß der rostorange Schwanz heraussticht, ein zurückhaltend gefärbter Vogel. Es handelt sich um einen Hausrotschwanz. 

Kürzlich entdeckte ich bei einer Wanderung in den Alpen zu meiner großen Überraschung auf 2600 Metern über dem Meer einen Artgenossen unseres kleinen Stuttgarters. Er zwitscherte fröhlich vor sich hin und flog von einem Felsblock zum nächsten. (Er sparte sich das aufgeregte Getue und wirkte wesentlich ruhiger als sein schwäbischer Genosse.) „Was macht denn der hier oben? “, dachte ich. „Der muss sich verirrt haben.“

Das Nachschlagen in einem Fachbuch belehrte mich eines Besseren: Hausrotschwänze waren ursprünglich ausschließlich im Gebirge beheimatet. Erst seit über 200 Jahren sind sie auch in Siedlungsgebieten des Menschen anzutreffen. Von Natur aus lieben sie felsige Hochmatten und Blockhalden an Gletscherrändern in den Hochgebirgen. Brutnachweise gibt es bis 3200 Metern Höhe! – Da muss man sich doch die Frage stellen, warum diese Vögel mittlerweile häufiger in unseren Städten und Dörfern vorkommen als in der Höhe.

Auf über 2500 Metern Höhe ist zwar kein bequemes Leben möglich. Die Bedingungen sind rau, die Winter lang, die Nahrung nur spärlich. Aber es herrschen Ruhe und Friede. In der Höhe wärmen schon die ersten Sonnenstrahlen, wenn das Tal noch im Dunkel liegt. Und wenn abends die Dämmerung über das Tal hereinbricht, sind die Bergspitzen noch im Licht. Aus der Höhe hat man ein wunderbares Panorama über die Herrlichkeit der Schöpfung Gottes, kann die Berggipfel bewundern und hat gleichzeitig die Übersicht über das Treiben der Menschen weit unten.

Das alles haben die Hausrotschwänze also aufgegeben, um in den Niederungen Wohnsitz zu nehmen! Auf all diese Vorteile haben sie verzichtet. Stattdessen haben sie Lärm, Hektik, Abgase, Gestank und das unruhige Getriebe der Menschen in Kauf genommen. Wahrscheinlich liegt es daran, dass sie hier ihr Leben bei milderen Temperaturen und leichterer Nahrungsbeschaffung führen können.

Ich finde das Verhalten dieser Vögel sehr dumm! – „Aber, Herr Pater, das sind ja Tiere ohne Verstand, sie folgen einfach ihrem Instinkt.“

Stimmt! Die Vögel können nicht anders. Das Problem besteht darin, dass die Menschen dasselbe tun!

Die Menschen haschen nach dem Spaß und dem Angenehmen des Augenblicks, ob es sich als Nahrung, Getränk, Inhalt des Internets oder sonst etwas präsentiert, auch wenn sie dafür geistigerweise „in den Niederungen Wohnsitz nehmen“ müssen. Sie nehmen Lärm und Hektik in Kauf, ja sie können nach einer Gewöhnungsphase nicht einmal mehr darauf verzichten! Sie versuchen dauernd, alles Raue und Herbe aus ihrem Leben zu verbannen. Der Begriff Opfergeist scheint ihnen ein Fremdwort aus vergangenen Jahrhunderten zu sein. (Vielleicht müsste man einfach vom „Fitnesstraining für den Willen“ sprechen, notwendig ist dieser Geist mehr denn je!)

Aufgrund der schieren Diesseitigkeit haben die Menschen den Blick nach oben verlernt, den Blick, von dem Psalm 120 spricht: „Ich heben meine Augen empor zu den Bergen, von wo mir Hilfe kommt. Hilfe kommt mir vom Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat.“ Sie sehen die Gipfel nicht mehr: die großen Wahrheiten der Kirche und der Philosophie. Sie sehen das Panorama nicht mehr: den Blick zugleich in die Breite und Tiefe, der die verschiedenen Ebenen des Ganzen erblickt. Ihre Seele wird nicht mehr zu Gott erhoben. Bezüglich des Wirkens der Menschen fehlt Ihnen die Vogelperspektive: der Blick fürs Ganze, der Überblick von oben. Stattdessen sehen sie nur das Gewühl und Gewimmel um sie herum, weil sie mitten drin stecken.

Dies alles trifft leider nicht nur auf „die Menschen“, nein, auch wir sind davon angesteckt!

Das Heilmittel ist klar: Zurück in die Höhe, auf die Berge! Zurück zur Verbindung mit Gott! Zurück zum inneren Gebet! Das ist nicht kompliziert, sondern viel leichter als befürchtet. Dieses Zitat von Erzbischof Lefebvre mögen dies zeigen:

„Es ist zum inneren Gebet nicht notwendig, viele Gedanken zu haben, viele Ideen zu haben, viel zu lesen. Im Gegenteil, es ist sehr einfach. Es geht darum, die Liebe zu zeigen, die wir zu dem haben, der uns alles gegeben hat. Dann finden wir Gefallen daran, bei Gott zu sein, bei ihm zu verweilen. Das innere Gebet ist die Liebe. So ist ein Kind glücklich, an der Seite seiner Mutter zu sein. Wenn es bei ihr ist, ist es ruhig. Wenn man ihm seine Mutter wegnimmt, weint es. In ihrer Nähe ist es einfach da, es sagt nichts. Und dennoch ist es durchaus mit seiner Mutter vereint. Der Beweis ist, dass es weint und schreit, wenn man es von ihr trennt. So müssten wir auch beim lieben Gott sein. Wenn man uns von ihm trennt, dürften wir es nicht dulden. Aber beim lieben Gott kann man überall sein.

Ich würde sagen, dass wir lernen müssen, an der Seite unseres Herrn zu leben, selbst wenn wir ihm nichts zu sagen haben, selbst wenn wir nichts haben, was wir ihm gegenüber in Worten ausdrücken könnten. Die bloße Tatsache, dass wir da sind, mit der Absicht, uns ganz Gott hinzugeben, uns ihm zu übergeben, diese bloße Gesinnung unserer Seele genügt. Dies ist das wahre Gebet, das innere Gebet, das Gebet, das uns heiligt.“

Mit priesterlichen Segensgrüßen